Test: Unknown 9: Awakening (2025)

In Zeiten, wo die Spieleindustrie neue Wagnisse weitestgehend scheut und stattdessen lieber auf Remaster und jährliche Neuauflagen setzt, wagen Bandai Namco Entertainment und Reflector Entertainment mit Unknown 9: Awakening den Startschuss zu einem neuen Franchise, welches über zahlreiche unterschiedliche Medien stetig weiter angereichert werden soll – und setzen dabei bereits die Premiere komplett in den Sand.

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Entwickler:Reflector Entertainment

Publisher:Bandai Namco Entertainment

Plattform:PC | PS4 | PS5 | XB1 | XBS

Veröffentlichungsdatum:18. Oktober 2024

Preis: ab 49.99€*

Altersfreigabe:ab 16 Jahren

Metacritic|OpenCritic|IMDB

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Möge die Macht mit dir sein

Unknown 9: Awakening entführt uns in ein alternatives Setting zu Beginn des 20. Jahrhunderts, wo eine geheimnisvolle Energie namens Am denjenigen besondere Kräfte verleiht, die sie zu beherrschen wissen. Zu diesen Quaestoren zählt auch die junge Haroona, die sich zu Beginn des Spiels gemeinsam mit ihrer Mentorin auf die Verfolgung ihres abtrünnig gewordenen Schülers Vincent macht. Der hat als Anführer einer Splittergruppe der Aufgestiegenen für seine Suche nach den titelgebenden Unknown 9 – eine Art Urväter des Am – eine ganze Armee nicht minder bösartiger Schergen unter sich versammelt und will die erhoffte Macht nutzen, um sich zum ultimativen Herrscher über die Menschheit aufzuschwingen.

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Bei der Konfrontation zwischen Meisterin und Ex-Schüler behält letzterer die Oberhand, Haroona kann nur hilflos dabei zusehen, wie ihre Mentorin tot in den Wüstensand fällt. Jahre vergehen und noch immer sind wir fest entschlossen, Vincent aufzuspüren und für den Mord Rache zu nehmen. Was sich ab da entwickelt, ist überwiegend vorhersehbar und wird spielerisch derart linear abgefrühstückt, dass man sich am Ende des lediglich knapp achtstündigen Abenteuers permanent die Frage stellt, ob man das alles in ganz ähnlicher Form nicht schon irgendwo anders erlebt hat – obwohl man den Machern zugute halten muss, dass die Geschichte ohne große Längen erzählt wird.

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Tatsächlich wird hier nahezu jeder erzählerische Standardkniff im Genre genutzt, was auch die (späte) Anreicherung mit mehr Hintergrundwissen zur Welt und den Kräften darin nicht verbergen können. Das ist an sich bereits ein kleines Problem, wächst aber durch die Tatsache, dass sämtliche Charaktere einschließlich der Heldin (in visuell abgespeckter Form von Witcher-Darstellerin Anya Chalotra verkörpert) einfach uninteressant und oberflächlich rüberkommen, rasch zu einem größeren heran.

Das Spiel wurde in der Entwicklung maßgeblich von Sweet Baby Inc. begleitet, einer Beraterfirma mit Sitz in Kanada, die seit geraumer Zeit ähnlich wie zahlreiche Mitbewerber durch die forcierte Einbindung identitätspolitischer Inhalte in Videospielen bei zahllosen Spielern in der Kritik steht. Inhaltlich sind diese Einflüsse überall spürbar. M-Reviews.de vertritt die Meinung, dass ideologisch motivierte Inhalte – egal aus welcher Richtung – nichts in Videospielen oder anderen Medien zu suchen haben, weshalb wir auch zukünftig auf diese Praktiken hinweisen werden.

Die Rollen sind klar definiert, nennenswerte Wendungen gibt es nicht: Oberfiesling Vincent erinnert in seiner Darstellung an eine Mischung aus Ozymandias und Jack Nicholsons Interpretation vom Joker, was in der Kombi einfach nicht funktionieren will. Und Haroona mangelt es aufgrund ihres permanenten „Ich bin eine starke, unabhängige Frau, ich brauche keine Hilfe“-Getues einfach an einer individuellen Persönlichkeit, was es für Spieler erschweren dürfte, vollends in die hier dargebotene Welt einzutauchen. Dabei sind die zahlreichen Sammelobjekte im Spiel übrigens auch keine Hilfe, weil sie schlicht nichts dazu beitragen, die Hintergrundgeschichte sinnvoll zu vertiefen. Kurzum, abseits der interessanten Ansätze rund um das Am und dessen Schöpfer hat Unknown 9: Awakening erzählerisch nichts Neues anzubieten.

Ein Kessel Buntes

Spielerisch haben sich die Macher gefühlt überall ein bisschen bedient, unter anderem bei Größen wie Uncharted und Assassin’s Creed, ohne dabei deren jeweiligen Qualitäten im Nahkampf oder den vielen Schleichpassagen zu erreichen. Richtig überzeugen wollten uns die regulären Mechaniken in der Umsetzung nicht, was vor allem daran liegt, dass sie in der Umsetzung genauso fehleranfällig wirken wie alles andere auch. Grundsätzlich teilt sich das Spiel in drei Aspekte auf, zwischen denen immer wieder gewechselt wird, nämlich Kämpfen, Erkunden und Rätsel lösen. Nichts davon ist in irgendeiner Form herausfordernd, auch auf höheren Schwierigkeitsgraden nicht. Da haben sämtliche Vorbilder die Nase meilenweit vorne.

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Innerhalb der Erkundungspassagen dürfen wir ausschließlich an vorgegebenen Punkten klettern und balancieren, entsprechend alternativlos sind die Wege zum Ziel. Bereits mit kleineren Hürden tut sich Haroona schwer, während unsere Gegner mühelos über kleinere Mauern hüpfen können, rennt die Inderin einfach stur dagegen an, sofern das Spiel nichts anderes verlangt. Im Kampf sieht es anfänglich noch etwas kreativer aus, denn hier können wir unser Am kanalisieren, um mithilfe von Schattensprüngen für kurze Zeit Gegner zu übernehmen und mit diesen eine individuelle Attacke zu entfesseln. Auf diese Weise lassen sich zum Beispiel Wachgeräte deaktivieren, ebenso aber auch größere Gegneransammlungen ausschalten und Gasflaschen | Generatoren zur Explosion bringen. Was im Anschluss daran übrig bleibt, schalten wir entweder im Nahkampf aus, oder versuchen unser Glück mit heimlichen Ausschaltmanövern.

Spirituelles Spähen

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Ka-Wumm!

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Die Deckung nicht vernachlässigen

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Generell empfiehlt es sich, möglichst viele der in Sachen Varianz arg überschaubar geratenen Soldaten im Verborgenen auszuschalten, was jedoch nur kurze Zeit funktioniert, da die Wachen mit jeder gefundenen Leiche misstrauischer werden und auch Fertigkeiten wie der Tarnschleier nicht immer so funktionieren, wie sie eigentlich sollten, da uns Gegner trotz Unsichtbarkeit öfter mal konsequent weiter angegriffen haben, sich trotz zur Ablenkung geworfener Geistersteine trotzdem keinen Millimeter vom Fleck bewegen wollten. Ferner muss man für Heimlichkeitsmanöver irgendwann zwangsläufig ins offene Feld, da die Soldaten hohes Gras konstant zu meiden scheinen. Über den Testverlauf hat sich gezeigt, dass ein Großalarm früher oder später unvermeidlich ist. Für alles andere sind die Mechaniken zu unzuverlässig in der Anwendung und sämtliche (gerne mal an kleinen Objekten festhängenden) Gegner abseits der durchaus nicht uninteressant gestalteten Bosse einfach zu dämlich.

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Schon nach den ersten Auseinandersetzungen innerhalb des Tutorials hatte ich von den Kämpfen komplett die Schnauze voll, was nicht nur an den oben genannten Punkten liegt, sondern auch daran, dass Haroona im Nahkampf kaum mehr beherrscht als eine Mischung aus schnellen und schweren Angriffen zum Brechen der Verteidigungshaltung, was in Kombination mit der furchtbaren Kameraführung und Aufschaltung derart holprig umgesetzt wurde, dass unsere Schläge gerade bei mehreren aktiven Gegnern regelmäßig ins Leere gehen, weil sich das Spiel nicht für ein Ziel entscheiden kann. In der Zeit wird man mit ziemlicher Regelmäßigkeit entweder aus einem nicht einsehbaren Bereich erschossen, oder von den restlichen Soldaten zu Tode geprügelt. Das unpräzise Ausweichen sowie die aufgrund des erst später verfügbaren Schildes nervigen Auseinandersetzungen mit Scharfschützen tragen ebenfalls dazu bei, dass sich sämtliche Kämpfe im Spiel komplett spaßbefreit und einfach nur frustrierend anfühlen.

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Ich meine, wenn man schon bei den Großen kopiert, dann doch wenigstens richtig. Ein abgeschwächter Freeflow, wie man ihn z.B. aus Marvel’s Spider-Man oder den Arkham-Titeln kennt, hätte hier wahre Wunder wirken können, und selbst ein über zehn Jahre altes Assassin’s Creed IV: Black Flag händelt seine Schleichpassagen dramatisch besser.

Zusätzlich zur regulären Edition erscheint Unknown: Awakening 9 auch in einer zehn Euro teuren Deluxe Edition. Diese enthält lediglich ein paar zusätzliche Outfits mit rein kosmetischem Nutzen. Weitere Echtgeldinhalte gibt es nicht.

Hier gehen die wenigen eigenen Ideen auf lange Sicht angesichts der Masse an Unzulänglichkeiten so schnell unter, dass man viel zu rasch an einen Punkt angelangt, wo man bei jeder sich anbahnenden Auseinandersetzung nur noch entnervt aufstöhnt. Nichts funktioniert richtig, es entsteht kein wirklicher Flow, alles wirkt von vorne bis hinten furchtbar abgehackt. Wer auch immer für diese Umsetzung verantwortlich gewesen ist, hat beim Grundkurs Design offenbar geschlafen. Und so etwas muss man sich als Konsument auch für fünfzig Euro nicht bieten lassen.

Mehr Pfui als Hui

Dass sich hinter dem Projekt ein langwieriger und komplexer Entwicklungsweg befindet, zeigt sich auch im technischen Bereich, da das Spiel immer noch auf der letzten Version der Unreal Engine 4 aufbaut und nicht auf dem wesentlich eindrucksvolleren Nachfolger. Andererseits hat auch der Vorgängerversion immer wieder gezeigt, dass auf deren Basis anhaltend toll aussehende Spiele entstehen können. Unknown 9: Awakening zählt leider nicht dazu. Das beginnt schon bei den detailarmen und insgesamt komplett aus der Zeit gefallenen Charakteren inklusive einer praktisch nicht vorhandenen Mimik und endet bei den überwiegend steril wirkenden und mäßig modern ausgeleuchteten Kulissen. Ruckler sind über sämtliche Plattformen allgegenwärtig und treten bevorzugt beim Szenenwechsel auf.

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Auf PlayStation 5 und XBOX Series X muss man zudem auf einen alternativen Leistungsmodus verzichten, hier wird das Geschehen ausschließlich in 4K und maximal 30 Bildern pro Sekunde dargestellt. Die Last-Gen-Versionen müssen zudem mit deutlich niedriger Auflösung, häufigeren wie längeren Ladezeiten sowie Abstrichen bei Schattendarstellung, Renderdistanz und Objektdichte leben. Hinzu kommt, dass die Performance auf PlayStation 4 und XBOX One sehr viel unstetiger agiert. Aber selbst am PC, wo zusätzlich optionales Raytracing für die Schatten zur Verfügung steht, wirkt das Spiel bei maximalen Details insgesamt hoffnungslos veraltet. Die wenigen netten Panoramen, wie z.B. der indische Hafen oder ein malerischer Wasserfall im Dschungel täuschen darüber nicht hinweg.

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Nicht viel besser sieht es bei der deutschen Vertonung aus, welche über weite Strecken unmotiviert klingt. Dann lieber auf den besseren, englischen O-Ton umschalten und notfalls passende Untertitel aktivieren. Immerhin, der Soundtrack untermalt das Geschehen durchgehend passend und in Sachen Bedienung gibt es ebenfalls nichts zu bemängeln. Lediglich die schwammige Maus- und Tastatursteuerung am PC sollte mit einem guten Gamepad umgangen werden. Schade nur, dass die Möglichkeiten des DualSense hier so wenig ausgenutzt worden sind und über reguläres Rummeln nie groß herausragen.

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„Die Probleme von Unknown 9: Awakening in einem Fazit zusammenzufassen, ist schwierig – dafür gibt es einfach zu viele. In Sachen Gameplay und Präsentation hinkt der Titel sämtlichen aktuellen Standards um Jahre hinterher, weder Story noch den klischeebehafteten Charakteren kann man irgendeine nennenswerte positive Facette zuschreiben. Die wenigen guten Ideen gehen in der überwältigenden Präsenz mittelmäßig zur Anwendung gebrachter Genrestandards fast völlig unter. Und das hakelige Kampfsystem wird durch strohdumm agierende Gegner sowie der chronisch feindseligen Kamerabedienung endgültig zum Sargnagel. Was der Start in ein neues Franchise sein sollte, dürfte sich in Windeseile zur Totgeburt entwickeln. Egal, an welches Publikum sich ein Produkt wie dieses richtet, es ist einfach kein Gutes.“

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  • Grundsätzlich nicht uninteressante Prämisse…
  • …ohne nennenswerte Längen umgesetzt
  • Abwechslungsreiche Schauplätze
  • Geisterfähigkeiten zumindest anfänglich extrem cooles Feature
  • Gut umgesetze Bosskämpfe
  • Netter Soundtrack
  • Zugängliches Bedienschema via Gamepad
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  • In nahezu jedweder Hinsicht völlig veraltete Präsentation
  • Kein Leistungsmodus auf aktuellen Konsolen
  • Häufige Ruckler über sämtliche Plattformen, unabhängig von der Hardwarekonfiguration
  • Uninteressante, klischeebehaftete Charaktere
  • Vorhersehbare Handlung nach Schema F
  • Komplett spaßbefreiter Nahkampf…
  • …auch dank unzuverlässiger Mechaniken
  • Generische Schleichpassagen
  • Überschaubare Anzahl an Gegnertypen
  • Nur wenige eigene Ideen…
  • …die sich aber rasch abnutzen
  • Spielerisch auch auf hoher Schwierigkeit nie fordernd
  • Gegnerintelligenz praktisch nicht vorhanden
  • Zahlreiche Bugs und Glitches
  • Mit acht Stunden Spielzeit relativ kurz
  • Sprecherqualität schwankt stark
  • Kameraführung und Zielwechsel sehr fehleranfällig
  • Identitätspolitik hat in Videospielen grundsätzlich nichts verloren und weicht Inhalte eher auf, statt diese zu bereichern
  • Unpräzise Maus- und Tastatursteuerung
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Entsprechende Rezensionsmuster sind uns freundlicherweise vorab von Bandai Namco Entertainment zur Verfügung gestellt worden.

*Unsere Links werden nicht mit einer Monetarisierung versehen

©2024 M-Reviews.de

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Author: Velia Krajcik

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Rating: 4.3 / 5 (74 voted)

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Name: Velia Krajcik

Birthday: 1996-07-27

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