Bei Bosch reiht sich in jüngster Zeit eine Hiobsbotschaft an die andere. Wegen der Krise in der Autoindustrie will der Zulieferer noch mehr Stellen streichen als bislang bekannt. In den kommenden Jahren gebe es einen weiteren „Anpassungsbedarf“ von bis zu 5550 Stellen, teilte der Konzern mit. Mehr als zwei Drittel davon – insgesamt 3800 Jobs – sollen in Deutschland wegfallen.
„Die globale Fahrzeugproduktion wird in diesem Jahr bei rund 93 Millionen Einheiten stagnieren, wenn nicht sogar gegenüber dem Vorjahr leicht zurückgehen“, teilte Bosch mit. Im kommenden Jahr erwarte man höchstens eine kleine Erholung. In der Branche gebe es erhebliche Überkapazitäten. Auch andere Zulieferer hatten in den vergangenen Wochen und Monaten Personalkürzungen angekündigt: ZF Friedrichshafen will in Deutschland ein Viertel seiner Angestellten loswerden, bei Schaeffler sollen hierzulande 2800 Jobs gestrichen werden, Continental baut seit Jahren Zehntausende Stellen ab.
Und schaut man sich die Sparten genauer an, in denen der stolze Stuttgarter Stiftungskonzern Bosch Personal einsparen will, wird klar: Hier geht es wirklich um eine akute Krise, nicht mehr um die Transformation vom Verbrenner zum Elektromotor. Denn der Zulieferer spart in Bereichen, die ihn eigentlich fit für die Mobilität der Zukunft machen sollten.
Am stärksten von den aktuellen Plänen betroffen ist der Geschäftsbereich „Cross-Domain Computing Solutions“, der zum Beispiel für Assistenzsysteme und automatisiertes Fahren zuständig ist. Bis Ende 2027 sollen dort weltweit 3500 Stellen wegfallen, davon etwa die Hälfte in Deutschland. Es geht vor allem um die Standorte Leonberg und Abstatt in Baden-Württemberg und Hildesheim in Niedersachsen. Im Werk in Hildesheim, wo Produkte für die Elektromobilität gefertigt werden, sollen in zwei Jahren 600 Angestellte weniger beschäftigt sein – bis 2032 noch mal 150 weniger.
Die Hersteller stecken auch in der Krise
Bei den Zukunftstechnologien, in die Bosch viel Geld und Personal investiert hatte, hat sich der Konzern offensichtlich verzockt. Der Markt für intelligente Fahrerassistenzsysteme und selbstfahrende Autos entwickelt sich nicht so schnell und gut wie erwartet. Weil auch die großen Hersteller, allen voran Volkswagen, aber auch Ford und Mercedes in der Krise stecken, stellen sie viele Projekte in den neuen Geschäftsfeldern zurück oder geben sie ganz auf. Sie rufen zum Beispiel deutlich weniger Teile für Elektroautos ab.
Auch für die Sparte, die Lenksysteme für Autos und Lastwagen herstellt, hat Bosch Sparpläne. Dort macht dem Konzern laut eigenen Angaben der verschärfte Wettbewerb zu schaffen. Als Reaktion sind Stellenstreichungen am Standort Schwäbisch Gmünd geplant. Dort sollen von 2027 bis 2030 bis zu 1300 Jobs abgebaut werden, mehr als ein Drittel der Beschäftigten. Um die Lenksysteme zu „wettbewerbsfähigeren Preisen“ verkaufen zu können, will Bosch mehr davon in seinen ausländischen Werken produzieren lassen, wo das günstiger möglich sei, in Ungarn etwa.
Ingolstadt und Audi
:Schicksalsjahre einer Autostadt
Ingolstadt und Audi
Dank Audi wurde Ingolstadt zur Boomtown, doch nun schlägt die Autokrise ein. Mitarbeiter bangen um ihre Jobs, die Kommune ist in Geldnot und bald tritt auch der Oberbürgermeister ab. Wird die Stadt zum Opfer ihres eigenen Erfolgs?
Scharfe Kritik vom Betriebsrat
Bei den Zahlen handelt es sich um Planungen. Wie viele Stellen Bosch wirklich streicht, wird der Vorstand nun mit dem Betriebsrat aushandeln, die Gespräche sollen sofort beginnen. Der Abbau solle so sozialverträglich wie möglich ablaufen. Bosch steht laut einem Sprecher weiter zu seiner Vereinbarung mit den Arbeitnehmervertretern, die betriebsbedingte Kündigungen in der Zuliefersparte in Deutschland bis Ende 2027 ausschließt, an manchen Standorten sogar bis Ende 2029. Unter anderem will Bosch die natürliche Fluktuation nutzen, Vorruhestandsregelungen anbieten oder Menschen in andere Jobs vermitteln.
Scharfe Kritik an den Plänen kam von den Arbeitnehmervertretern. „Die Ankündigung des Unternehmens, Personal in diesem Ausmaß zu reduzieren, ist für die Mitarbeiter ein Schlag ins Gesicht“, sagte der Betriebsratschef der Zuliefersparte, Frank Sell, der Deutschen Presse-Agentur. Der zusätzliche Personalabbau innerhalb kurzer Zeit lasse das Vertrauen in die Geschäftsführung schwinden und führe zu großer Verunsicherung. Bosch hatte in den vergangenen Monaten auch bei Tausenden Mitarbeitern die Arbeitszeit gekürzt – und entsprechend auch das Gehalt.
„Durch den einseitigen Eingriff des Unternehmens in das Entgelt der Beschäftigten haben wir einen neuen Tiefpunkt unserer Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung erreicht“, sagte Sell. Damit werde der soziale Frieden im Unternehmen aufs Spiel gesetzt. „Wir werden unseren Widerstand zu diesen Plänen nun auf allen Ebenen organisieren.“ Seit einem guten Jahr waren immer wieder Pläne des Technologiekonzerns bekannt geworden, weltweit Stellen zu streichen. Die aktuelle Hiobsbotschaft aus Stuttgart wird, das bleibt zu befürchten, nicht die letzte sein.